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Über das Thema Geschlecht wird viel debattiert. Sei dies darüber, ob und wie unterschiedliche Geschlechter in der Sprache sichtbar gemacht werden sollen, welche Geschlechteridentitäten akzeptiert sind oder wie der Gender-Pay-Gap zustande kommt.

Mit einer neuen Studie, welche jährlich wiederkehrend durchgeführt werden soll, will die Initiative #geschlechtergerechter den Grundstein für einen faktenbasierten Geschlechterdialog legen. Die Studie zur Wahrnehmung der Geschlechter in der Gesellschaft wurde vom Forschungsinstitut sotomo durchgeführt. Dazu wurden 2’690 Personen online befragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die Schweiz.

Geschlecht ist Teil der eigenen Identität

55 Prozent der befragten Personen geben bei der Frage, wie wichtig für sie selbst das Geschlecht sei an, dies sei sehr wichtig oder eher wichtig. Frauen schätzen das eigene Geschlecht für tendenziell wichtiger ein (60 Prozent), als dies die Männer tun (49 Prozent). Die Studie liefert auch gleich einen Erklärungsversuch für diese Differenz: So werden Frauen stärker mit ihrem Frausein konfrontiert, was in der Folge dazu führt, dass Frauen ihr Geschlecht als wichtigen Teil der eigenen Identität wahrnehmen.

Auch zeigen sich unterschiede im Bezug auf das Alter. Jüngere Menschen definieren sich stärker über das eigene Geschlecht als dies ältere Menschen tun. Bei den 18- bis 35-Jährigen identifizieren sich 62 Prozent stark mit dem Geschlecht, bei den älteren Altersgruppen sind es jeweils noch 52 Prozent (Abbildung 1).

Abbildung 1: Wichtigkeit des eigenen Geschlechts – Quelle: Studie geschlechtergerechter, 2021

Interessant wird es, wenn die politische Orientierung und das Geschlecht betrachtet wird (Abbildung 2). Für Männer mit einer rechten Orientierung ist die eigene Geschlechtsidentität bei 62 Prozent wichtig, bei einer linken Orientierung jedoch nur bei 30 Prozent. Bei den Frauen sind die Werte in Abhängigkeit der politischen Orientierung relativ konstant (links: 61 Prozent, rechts: 59 Prozent).

Als Erklärung des markanten Links-Rechts-Unterschieds bei den Männern nennt die Studie die Politisierung des Mannseins. Linke Männer würden sich eher als Feministen denn als Maskulinisten bezeichnen.

Abbildung 2: Politische Orientierung und Wichtigkeit des eigenen Geschlechts – Quelle: Studie geschlechtergerechter, 2021

Diese Ergebnisse zeigen, dass doch für rund die Hälfte der Schweizer*innen das eigene Geschlecht ein wichtiger Teil der eigenen Identität ist. Wohl deshalb ist das Thema der Sprache ein solch polarisierendes, geht es doch darum, wie das Geschlecht in dieser abgebildet werden soll, welches für viele einen wichtigen Teil der eigenen Identität darstellt. 

Geschlecht in der Sprache

Die Befragung zeigt, das generische Maskulinum wird rund doppelt so oft von Männern verwendet (36 Prozent) wie von Frauen (19 Prozent). Damit bevorzugen die Männer nach wie vor das generische Maskulinum. Mit nur einem Prozentpunkt weniger (35 Prozent) steht bei den Männern das Ausschreiben beider Geschlechtsformen auf Platz zwei der verwendeten Schreibweisen. Die Frauen bevorzugen beim Schreiben mit 35 Prozent das Ausschreiben beider Geschlechter, gefolgt von einer neutralen Form mit 23 Prozent der Nennungen (Abbildung 3).

Abbildung 3: Gender-Formen beim schreiben – Quelle: Studie geschlechtergerechter, 2021

Dies zeigt, dass Männer, welche in der Sprache durch das generische Maskulinum repräsentiert werden, weniger einen Bedarf der Sprachanpassung zeigen, als Frauen, welche beim generischen Maskulinum nicht genannt werden. Wie lange sich diese Sprachform des «Mitmeinens» noch halten kann, wird sich zeigen. Mehrheitsfähig ist das generische Maskulinum heute bereits nicht mehr.